Fahrbericht Citroën C5 Aircross: Charaktertyp der soften Sorte
Um in der hart umkämpften Klasse der kompakten SUV bestehen zu können, braucht es einen starken Charakter. Der Citroën C5 Aircross hat den, obwohl oder gerade weil er ein eher softer Typ ist. Wo die Konkurrenz im Zweifel auf Fahrdynamik setzt, gibt er sich bewusst entspannt und komfortabel. Eine gute Ergänzung zum sanften Fahrwerk ist der kraftvolle Antrieb – der trotzdem nicht voll überzeugen kann.
Citroën C5 Aircross ist ein sanfter Typ
Ein eigenes Profil für den C5 Aircross zu entwickeln war eine besondere Herausforderung. Denn mit Peugeot 3008 und Opel Grandland hat er zwei starke und durchaus erfolgreiche Schwestermodelle an der Seite, in deren Schatten er im ungünstigsten Fall vor sich hin dämmern müsste. Damit das nicht geschieht, haben ihm seine Entwickler ein paar charakterliche Eigenheiten mitgegeben, die man sonst im Segment der Sport-UV selten findet. Wichtigste Eigenschaft ist das sanft federnde und schwingende Fahrverhalten.
Citroën C5 Aircross Facelift (2022)
Der C5 Aircross nimmt schlechte Straßen lässig, bügelt auch grobe Unebenheiten weg und lässt sich dabei entspannt mit dem kleinen Finger steuern, denn die Hauptarbeit beim Lenken übernimmt der sehr engagierte Servomotor. Der dämpft beim Fahrer zwar auch das Gefühl für die Straße und sträubt sich gegen flotte Kurvenfahrten, doch das Gesamtgefühl überzeugt – so entspannt und sanft ist man sonst nur in viel größeren und teureren SUV mit aufwendigen Luftfahrwerken unterwegs.
Dafür, dass aus „gemütlich“ nicht „lahm“ wird, sorgt im Testwagen ein Plug-in-Hybridantrieb aus einem 1,6-Liter-Turbobenziner mit 133 kW / 181 PS und einem 81 kW / 110 PS starken E-Motor. Beide treiben die Vorderachse an und stellen gemeinsam 165 kW / 224 PS und 360 Nm Drehmoment zur Verfügung. Das ist fast schon luxuriös für ein SUV dieser Klasse, das ohne sportliche Ambitionen antritt.
Die Kombination aus sanftem Auto und druckvollem Motor weiß aber gut zu gefallen, sorgt sie beim C5 Aircross doch für eine entspannte Souveränität. Der Antritt beim Anfahren im Stadtverkehr ist genauso energisch wie beim Zwischenspurt auf Landstraße oder Autobahn. In beiden Fällen sorgt der schon bei niedriger Drehzahl kräftige E-Motor für Tempo.
40 Kilometer rein elektrisches Fahren möglich
Auch für die dauerhafte Alleinfahrt ist der permanent erregte Synchronmotor ausreichend dimensioniert. Für die Batterie gilt das hingegen nur eingeschränkt. Offiziell soll der 13,2 kWh große Akku für 54 Kilometer Fahrt gut sein, in der Praxis waren es mit viel gutem Willen und unter idealen Bedingungen knapp 40, bei normaler Fahrweise sind eher nur 35 oder noch weniger Kilometer drin. Unangenehm stößt in diesem Zusammenhang auf, dass Citroen offiziell in der Preisliste nur Reichweitenangaben für den Stadtverkehr macht. Die dort angegebenen bis zu 72 Kilometer sind fern aller praktischen Realität und führen Kaufinteressenten in die Irre.
Citroën C5 X (2022) – Sitzprobe
Selbst die Idee, zumindest auf Kurzstrecke immer nur rein elektrisch unterwegs zu sein, geht mit dem C5 kaum auf. Auch, weil der Citroën wie bei Plug-in-Hybriden üblich an der Wechselstrom-Steckdose vergleichsweise langsam lädt (Serie: 3,7 kW). Einen Schnellladeanschluss hat sich der Hersteller gleich ganz gespart – auch das ist bei derartigen Fahrzeugen nicht unüblich. Wer das französische SUV vornehmlich als E-Auto nutzen will, sollte also eine private Lademöglichkeit haben und wenig lange Strecken zurücklegen müssen.
Der Verbrauch mit vollem Akku liegt auf den ersten 100 Kilometern bei gut fünf Litern plus rund 13 kWh. Wird auf das Aufladen verzichtet, ist der Aircross wie ein normaler Vollhybrid unterwegs und nimmt sich rund 7,5 Liter Sprit. Ein reiner Benziner würde wohl mehr verbrauchen und den E-Boost beim Anfahren und Überholen vermissen lassen – wäre aber auch deutlich günstiger zu haben.
Denn mit 40.400 Euro Grundpreis ist der Plug-in-Hybrid der üblichen Citroën-Positionierung deutlich entwachsen. Vom 96 kW / 131 PS starken Einstiegsbenziner trennen ihn gut 10.000 Euro. Noch gleicht die E-Autoprämie einen Teil der Mehrkosten aus. Ob das im kommenden Jahr noch so sein wird, bleibt angesichts der angekündigten Neuordnung der Förderung abzuwarten.
Egal welcher Motor an Bord ist: Als Stau- und Aufenthaltsraum kann der Citroën durchaus überzeugen. Vorne sitzen auch Großgewachsene luftig, hinten ist es klassenüblich etwas enger, zudem nimmt die breite C-Säule Licht weg. Dafür ist die Bank längs verschiebbar und mit verstellbaren Lehnen ausgestattet. Familien freut die Möglichkeit, drei Kindersitze nebeneinander zu montieren. Im Laderaum dahinter stehen großzügige 600 bis 1.500 Liter zur Verfügung. Kleine Abzüge gibt es aber für die geringe Stehhöhe unter der Ladeklappe und die hohe Ladekante, die bei einem SUV allerdings konzeptbedingt ist.
Motorstart – Radio läuft
Insgesamt gelungen ist auch das Cockpit, das mit modernem Styling und guter Ergonomie überzeugt. Das Bediensystem hat allerdings kleinere Schwächen: Citroën verzichtet etwa auf haptische Tasten in der Mittelkonsole und nutzt stattdessen berührungsempfindliche Flächen, die während der Fahrt nur schlecht treffsicher zu bedienen sind. Dass das Infotainmentsystem nach Motorstart immer das Radio laufen lässt, auch wenn zuvor eine andere Quelle aktiv war, ist man von Stellantis-Modellen gewöhnt. Nerven tut es trotzdem.
Trotzdem: Im unübersichtlichen Feld der Kompakt-SUV sticht der C5 Aircross dank seines speziellen Charakters heraus. Komfortbedürftige Kunden sollten durchaus eine Probefahrt wagen, ähnlich kommod ist in dieser Preisklasse kein anderes Auto. Wer den Plug-in-Hybrid sinnvoll nutzen kann, bekommt zudem einen souverän-druckvollen Antrieb dazu. Für andere Anwender lohnt sich möglicherweise ein Blick auf Benziner oder Diesel (beide 96 kW / 131 PS). Wer es mit der Kaufentscheidung nicht allzu eilig hat, kann auch bis in Herbst warten. Dann steht das geliftete Modell beim Händler; die Änderungen betreffen allerdings vornehmlich das Außen-Design. Zudem dürften die Listenpreise leicht steigen.